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Burscheid: Richartz-Bertrams-Haus/ehemaliges Haus der Begegnung, Montanusstr. 8

Zwei Städte, ein Sender.

Antrag auf Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Burscheid – die Ratsfraktion des Bündnisses für Burscheid (BfB)

Begründung: Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erwachte auch im Bergischen Land das Bürgertum. Aus Heimarbeitern wurden Fabrikanten. Sie demonstrierten ihr neues Selbstbewusstsein nach außen durch den Bau repräsentativer Privathäuser abseits ihrer Betriebe. Diese Unternehmervillen gelten heute als Stein gewordene Geschichte. Das Richartz-Bertrams-Haus an der heutigen Montanusstraße ist eine solche Un- ternehmervilla. Erbaut wurde die Villa 1896 vom Fabrikanten Heinrich Bertrams (1825 – 1908) aus Hedding- hofen. Das weiße, stark gegliederte Gebäude wirkt trotz seiner beachtlichen Größe fast zierlich. Klassizisti- sche und historisierende Schmuckelemente der Fassade weisen auf die Zeit seines Entstehens hin. Beson- dere Verzierungen erhielten die Fenster durch Säulenbalustraden in Vasenform, im Erker Rundbogen mit Zierjalousien.

Heinrich Bertrams hatte 1850 in Kaltenherberg eine florierende Weberei für „Siamosen“ (bunte Baumwoll- stoffe) gegründet. Später baute er den Betrieb mit der Herstellung von Ofenrohrknien aus. Der erste metall- verarbeitende Betrieb in Burscheid entwickelte sich so gut, dass er durch Niederlassungen in Siegen, Paris und Wien erweitert wurde. Seit 1877 wurde das Unternehmen von Heinrich Bertrams‘ Schwiegersohn Albert Richartz geführt.

Albert Richartz war in Burscheid sehr beliebt – zum einen wegen seines Einsatzes für die Bedürftigen, zum anderen für sein kulturelles Engagement. Das Ehepaar Richartz wohnte mit seinen beiden Kindern Else und Erich in der Villa, zunächst zusammen mit den Eltern Bertrams, nach deren Tod allein. Albert Richartz legte an die Villa einen Park an, eine weiße Mauer grenzte Park und Haus zur damaligen Bahnhoftraße (heutige Montanusstraße) ab; Schauseite des Hauses und Hauseingang befanden sich ebenfalls an dieser Seite. Der Park reichte bis an die Höhestraße und wurde im Osten durch eine zwischen 1896 und 1898 gepflanzte und heute noch bestehende Lindenallee begrenzt. An der Höhestraße ließ er 1899 ein Haus für seinen Sohn Erich errichten, der sich stets „Richartz-Bertrams“ nannte.

Die Villa an der Bahnhofstraße übertrugen Albert und Auguste Richartz noch zu Lebzeiten ihrer Tochter Else (1885 – 1968), die 1936 mit ihrem Ehemann Prof. Dr. Paul Luchtenberg (1890 – 1973) dort einzog. 1936/37 wurde die Bahnhofstraße auf Vorschlag Luchtenbergs in „Montanusstraße“ umbenannt. In die weiße Be- grenzungsmauer ließ er ein von dem Bildhauer Ernst Kunst gestaltetes Relief des Vincenz von Zuccalmaglio einfügen, der sich den Beinamen „Montanus“ gegeben hatte und als erster Geschichtsschreiber des Bergischen Landes gilt. „Eine würdige Besuchskarte Burscheids“ – so nannte der Bergische Volksbote am 19. November 1937 die Montanusstraße. 1951 ließ Luchtenberg die Villa durch den Architekten Schultze- Derm außen und innen modernisieren, u. a. wurde der Eingang auf die Parkseite verlegt. 1952/53 wurde das Haus zum Park hin mit einem Anbau erweitert.

Der Park selbst war in der Nutzung aufgeteilt: Der untere Teil mit Blumen- und Gemüsegarten gehörte Else Luchtenberg. Sie verfügte 1965 testamentarisch die Errichtung eines Altenheimes in Burscheid aus ihrem Vermögen, (heute „Evangelisches Altenzentrum Luchtenberg-Richartz-Haus“). Prof. Dr. Paul Luchtenberg wurde als Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen und Mitbegründer der FDP weit über Burscheid hinaus bekannt. Für seine Vaterstadt setzte er sich vor allem für die Förderung von Kunst und Kultur ein und gab der Stadt so auch ein über das Alltägliche hinaus reichendes Gesicht. Nach dem Tod seiner Frau ver- machte er den unteren Teil des Parks an der Villa der Stadt Burscheid.

Erich Richartz-Bertrams (1889 – 1973) vermachte seinen (oberen) Teil des Parks ebenfalls der Stadt, mit der Auflage, dort einen Kinderspielplatz einzurichten. Schon früh war er in die Firma seines Großvaters eigetreten und kümmerte sich um diese „mit Liebe und Aufopferung“, wie es in einem Nachruf auf ihn hieß.

Seine helfende Hand haben nicht nur seine Mitarbeitenden, sondern auch gemeinnützige Einrichtungen ge- spürt. Durch eine Stiftung unter seinem Namen sicherte er soziale Gerechtigkeit auch für die Zukunft. Paul Luchtenberg und Erich Richartz-Bertrams wurden die Ehrenbürgerschaft der Stadt verliehen. Seit dem 14. Januar 1974 ist die Stadt Burscheid Eigentümerin der Villa.

Wir sind der Ansicht, dass dieses Haus nicht nur stadtbildprägend, sondern auch ein Sinnbild für Burscheids Geschichte als Industrie- und Kulturstadt ist – ein wahres Denkmal also. Ferner sollte das Haus auch offiziell den angestammten Namen „Richartz-Bertrams-Haus“ tragen und eine sozio-kulturelle Nutzung erfahren. Wir haben hier Recherchen von Marie-Luise Mettlach zusammengefasst, die uns die Stadthistorikern zur Verfügung gestellt hat. Ein entsprechender Beitrag zur Geschichte des Richartz-Bertrams-Hauses wird im Rheinisch-Bergischen Kalender 2025 erscheinen.

Foto: Bündnisses für Burscheid (BfB)

 

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